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Gut geschützt gegen Starkregen und Oberflächenabfluss

01.09.2022 Benno Staub, Bereichsleiter Naturgefahren-Prävention, schutz-vor-naturgefahren.ch

Starkregen nimmt zu und ist Ursache jedes zweiten Überschwemmungsschadens an Gebäuden. Wer frühzeitig präventive Massnahmen ergreift, kann sein Haus effizient und zuverlässig schützen.

Die letzten Sommer bleiben mit Hitzewellen und hoher Waldbrandgefahr in Erinnerung, aber auch mit heftigen Gewittern. Sommergewitter bringen oft sehr viel Niederschlag innert kürzester Zeit mit sich – zu viel für die Entwässerungseinrichtungen auf Strassen und Plätzen. Binnen Minuten verwandeln sich Hänge und Strassen zu Bächen – «Oberflächenabfluss» im Fachjargon. Wo das Wasser nicht ungehindert weiterfliessen kann, staut es auf und kann in ungeschützte Gebäude eindringen. Typische Eintrittswege von Wasser in ein Gebäude sind der Gebäudezugang, Lichtschächte und Lüftungsöffnungen oder ungenügend abgedichtete Aussenwände. Bereits geringe Höhenunterschiede entscheiden, ob und wie viel Wasser von der Strasse in einen Garten oder eine Garageneinfahrt fliesst. Eine gute Vorbereitung auf Starkregen ist das A und O, um Schäden zu verhindern. Denn im Ereignisfall bleibt kaum Zeit zum Handeln. 

Häufigere und intensivere Starkregenereignisse

Der Klimawandel ist Tatsache und bewirkt, dass Wetterextreme in bisher unbekannter Dimension zur Realität werden. Neben zunehmender Hitze und Trockenheit im Sommer gehören auch häufigere und intensivere Starkregen zu den sehr gut erforschten und wahrscheinlichen Entwicklungen. Hauptverantwortlich für die hohen Überschwemmungsschäden an Gebäuden der letzten Jahrzehnte sind jedoch die Zunahme der exponierten Sachwerte und die aufgrund ungeeigneter Baukonstruktion teilweise höhere Verletzlichkeit einzelner Gebäudeteile. Auch Untergeschosse werden immer intensiver genutzt und entsprechend hochwertig ausgebaut – das Schadenspotenzial nimmt laufend zu. Um dieser problematischen Entwicklung entgegenzuwirken, müssen Gebäude besser gegen Wassereintritt geschützt werden. Deshalb definiert die Norm SIA 261 / 1 für Oberflächenabfluss dieselben Schutzanforderungen wie gegen Hochwasser aus Flüssen und Bächen. Bauvorhaben an Haus und Umgebung sind ideale Gelegenheiten, um den Schutz vor Oberflächenabfluss zu verbessern.

Zwei Drittel aller Gebäude in der Schweiz sind potenziell gefährdet

Ein erheblicher Teil der Landesfläche wird immer dichter bebaut und intensiver genutzt. Versiegelte Oberflächen machen einen Grossteil unserer Siedlungsgebiete aus. Das bewirkt, dass bei Starkregen mehr Wasser direkt an der Bodenoberfläche abfliesst. So erstaunt es wenig, dass sich auch fernab von Gewässern Überschwemmungen häufen. Gemäss der «Gefährdungskarte Oberflächenabfluss» sind zwei von drei Gebäuden in der Schweiz potenziell gefährdet. Ein Umdenken ist gefragt, sowohl auf Ebene der Stadtplanung wie auch für einzelne Siedlungen und Grundstücke: Durchlässige Oberflächen anstelle von Asphalt und Beton, Mulden für den Wasserrückhalt und bewusst eingeplante Abflussrinnen für den Fall, dass besonders viel Wasser kommt – ganz nach dem Konzept der «Schwammstadt». Je mehr Wasser lokal zwischengespeichert oder kontrolliert weitergeleitet wird, umso eher bleiben Schäden aus. Wenn mehr Wasser über Bäume, Sträucher und Wiesen verdunsten kann, wirkt das der sommerlichen Hitze im Siedlungsgebiet entgegen. Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer können viel tun, um sich – und ihre Nachbarn hangabwärts – vor Oberflächenabfluss zu schützen.

Die eigene Situation überprüfen und Schutzvorkehrungen treffen

Der «Naturgefahren-Check» der Informationsplattform www.schutz-vor-naturgefahren.ch zeigt auf, welchen Naturgefahren ein Grundstück ausgesetzt ist. Gleich zu Beginn jeder Adressabfrage wird die «Gefährdungskarte Oberflächenabfluss » geladen. Sie gibt eine erste Auskunft darüber, woher Wasser zum Gebäude fliessen und wo es sich aufstauen kann. Die genauen Abflusswege sind zusätzlich vor Ort zu verifizieren, denn Kleinstrukturen wie zum Beispiel Stellriemen entlang von Gärten sind im Modell nicht berücksichtigt. Zusätzlich zu den Informationen über die Gefahren am Standort empfiehlt der «Naturgefahren-Check» mögliche Schutzmassnahmen passend zur jeweiligen Situation. Weil schon kleinste Höhenunterschiede die Fliessrichtung beeinflussen, lassen sich zum Schutz vor Oberflächenabfluss durchaus ansprechende und einfache Lösungen finden. Entscheidend ist jedoch, dass die Problematik früh erkannt wird. Deshalb ist es sinnvoll, die Themen Oberflächenabfluss und Naturgefahren frühzeitig mit der Architektin oder dem Architekten zu besprechen. Speziell empfiehlt es sich, zum Schutz vor Wassereintritt das Erdgeschoss und Gebäudeöffnungen erhöht anzuordnen. Solche baulich-konzeptionellen Schutzvorkehrungen sind besonders zuverlässig und günstig im Betrieb. Doch auch bei bestehenden Gebäuden lassen sich Lichtschächte, Lüftungsöffnungen, Tiefgaragenzufahrten oder Kellerzugänge mit einfachen Massnahmen schützen. Viele Kantonale Gebäudeversicherungen bieten hierzu Beratungen an oder beteiligen sich finanziell an gewissen präventiven Schutzmassnahmen. Wichtig ist, dass diese Schutzmassnahmen ohne menschliches Zutun funktionieren, denn jeder kann jederzeit von Starkregen überrascht werden.